In der vierten Vorlesung des Buches Einführung in die Dialektik bespricht der Philosoph und Professor Theodor W. Adorno den Unterschied der traditionellen Ursprungsphilosophie und der dialektischen Philosophie.
Die Ursprungsphilosohphie nennt Adorno deduktiv. Danach kann man das Spezielle von dem Allgemeinen ableiten. Genauso gibt es also philosophisch gesehen die eine Wahrheit, die auch das Ganze genannt wird, von der man alles andere ableiten kann. Auch Hegel spricht wohl in seinen philosophischen Ausführungen von dem Ganzen, weshalb man meinen könnte, dass Hegel ein Verfechter der Ursprungsphilosophie ist. Dies ist aber laut Adorno nicht der Fall. In seiner vierten Vorlesung ist Adorno gerade darum bemüht, zu klären, dass Hegel ein Vertreter der dialektischen Philosophie ist. Dies scheint Adorno wichtig, denn in der Urspungsphilosphie, auch traditionelle Philosophie genannt, sieht er folgendes gravierende Problem: Wenn es nur eine höchste Wahrheit gäbe, würde das bedeuten, dass die Wahrheit statisch ist. Dies sieht Adoro anders.
Er sieht die Wahrheit stattdessen in dem Denkprozess, der einen zu einem Resultat führt, wobei darin auch ein anschließendes kritisches Hinterfragen des Resultats beinhaltet ist, was einen neuen Denkprozess auslöst, der dann zu einem neuen Resultat führt. Die Wahrheit existiert für Adorno somit nicht vorher schon und daher kann man auch nicht versuchen auf sie zuzugehen und sie zu fassen. Die Wahrheit kann nämlich erst durch den eben beschriebenen Prozess überhaupt entstehen.
Hierbei ist wichtig zu betonen, dass das kritische Hinterfragen des Denkresultats nicht einfach nur beinhaltet eine bloße gegenteilige Option in Betracht zu ziehen. Das wäre gemäß Adorno sophistisch und gerade kein dialektischer Prozess. Denn jeder kann einfach das Gegenteil/ den Gegensatz von etwas anderem behaupten, um es in Frage zu stellen. Näher an die Wahrheit kommt man dadurch nicht, auch wenn es einem dann oft so vorkommt. Adorno hält so ein Vorgehen daher für Augenwischerei.
Stattdessen muss man überprüfen, ob das, was man für die Wahrheit/das Denkresultat hält, auch tatsächlich, also in der Praxis, die Eigenschaften beinhaltet, die es haben soll. In diesem Sinne ist der dialektische Prozess nicht in der reinen Theorie durchzuführen, sondern anhand der tatsächlichen praktischen Realität zu messen. Man sollte also so vorgehen:
Man geht von A aus. A soll die Eigenschaften a1, a2 und a3 haben. Jetzt beobachtet man die Relaität und erkennt A hat nicht die Eigenschaft a3, also muss A angepasst werden. A wird zu A2.
Was man nicht machen soll is folgendes:
Man geht von A aus. A soll die Eigenschaften a1, a2 und a3 haben. Z ist das Gegenteil von A. Man beobachtet die Realität und erkennt A passt nicht, denn in Realität hat A nicht die Eigenachaft a3, also kann A nicht stimmen. Z ist das Gegenteil von A, also muss Z stimmen.
Für Adorno ist der Widerspruch demnach zwar von zentraler Bedeutung für die Dialektik, aber nicht insoweit, dass man von außen etwas Gegensätzliches heranträgt. Sondern insoweit, dass der Widerspruch bzw. der Gegensatz aus der Sache selbst entsteht und man dadurch die Sache weiterentwickelt.
Das Buch Einführung in die Dialektik wurde im Suhrkamp Verlag veröffentlicht.
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