Im Dialog Erziehung – wozu? diskutiert der Philosph Theodor W. Adorno mit dem Bildungsforscher Helmut Becker was das Ziel und somit auch den Inhalt der Erziehung ausmacht.
Das erste Problem besteht hierbei darin, dass das Erziehungsziel nicht mehr selbstverständlich ist und man es daher jetzt nur durch tiefgründige Überlegung wiederfinden kann.
Die Idee des Leitbilds kritisiert Adorno dabei stark. Denn für ihn hat Erziehung die Mündigkeit als oberstes Ziel, d.h., eine Selbstständigkeit und ein sich bewusst werden, so dass man bewusste, eigene Entscheidungen treffen kann ohne dass sich ein Leitbild einmischt und einen unterweist wie man zu handeln hätte.
Gleichzeit muss Erziehung allerdings auch dafür sorgen, dass man sich in der Realität zurechtfindet, was ein gewisses Maß an Anpassung nötig macht. Für Adorno ist die Erziehung zum Bewußtsein allerdings zugunsten der übermäßigen Realitätsanpassung gestört, wobei auch das Individuum auf Grund des oft propagierten „Mit-Machens“ zurückfällt. Somit müsste die Erziehung nun dagegenwirken, indem man die negativen Seiten der übermäßigen Realitätsanpassung aufzeigt. Diese Erziehung sollte schon in der frühen Kindheit beginnen um effektiv zu sein.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt, den Adorno erwähnt, ist herauszufinden, was über die Zeit hinweg an Erziehung verloren gegangen ist. Dabei ist nicht notwendigerweise die Schule gemeint, sondern vor allem die Erziehung zu Hause, denn gerade die ungergelten Erfahrungen der frühen Kinsheit sind von zentraler Bedeutung für die Entwicklung.
Bezüglich der Erziehung zum Bewußtsein werden zwei Arten des Denkens unterschieden:
- das formallogische Denken, welches zwar wichtig ist, aber nur einen kleinen Teil der Intelligenz ausmacht
- das phantasievolle Denken, d.h., die Fähigkeit geistige Erfahrungen zu machen. Das ist der eigentliche Sinn des Bewußtseins wie ihn Adorno als Ziel der Erziehung versteht.
Allerdings ist gerade diese Fähigkeit Erfahrungen zu machen oft gestört und diese Störung gilt es zu lösen. Adorno begründet diesen Mangel an Erfahrung damit, dass die Fähigkeit der Erfahrung zwar an sich vorhanden ist, aber Menschen, z.B., in der Pubertät, einen Widerstand dagegen aufbauen.
Diese Menschen hassen das Differenzierte, nicht Getypte, weil sie davon ausgeschlossen sind und weil es ihnen, ließen sie damit sich ein, die „Daseinsorientierung“, … , erschwerte.
Adorno kommt schließlich zu dem Schluß, dass man Menschen nicht zu Beidem, Individuen und Gesellschaftsmenschen, erziehen kann. Stattdessen muss Erziehung:
… diesen Bruch selber bewußt machen, anstatt ihn zuzuschmieren und irgendwelche Ganzheitsideale oder ähnlichen Zinnober zu vertreten.
Erziehung – wozu? wurde im Buch Erziehung zur Mündigkeit des Suhrkamp Verlags veröffentlicht. Das Gespräch fand im Jahr 1966 statt.
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